Deszendenztheorie

Deszendenztheorie
De|szen|dẹnz|the|o|rie 〈f. 19; unz.〉 = Abstammungslehre
Die Buchstabenfolge de|szen... kann in Fremdwörtern auch des|zen... getrennt werden.

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Deszendenztheorie
 
(Abstammungslehre, Evolutionstheorie): Theorie über die Herkunft der unterschiedlichen Arten bei Pflanzen und Tieren, einschließlich des Menschen, nach der die gegenwärtig noch lebenden Arten im Verlauf der erdgeschichtlichen Entwicklung aus einst einfacher organisierten Vorfahren entstanden sind. Die Vorgänge, die zur Entstehung des Lebens selbst führten, sind zum Teil noch unklar. In einer chemischen Evolution bildeten sich wohl die wichtigsten Bausteine des Lebens, aus denen schließlich erste Zellen entstanden. Von ihnen leiten sich alle Lebewesen ab. Die Deszendenztheorie wendet sich gegen die Vorstellung, dass die Arten in unveränderlicher Form durch einen göttlichen Schöpfungsakt »erschaffen« wurden.
 
Die Theorie einer kontinuierlichen Entwicklung der Organismen ist alt. Bei primitiven Völkern wird in Mythen und Sagen viel von der Verwandtschaft der Tiere untereinander erzählt. Auch in den Lehren der ionischen Naturphilosophen (Anaximander von Milet, Empedokles, Demokrit u. a.) und danach (z. B. bei Aristoteles, Lukrez) sind Ansätze zu einem Abstammungsdenken vorhanden. Im christlichen Abendland dagegen war der biblische Schöpfungsglaube so fest verankert, dass der Gedanke an eine Deszendenz jahrhundertelang nicht ausgesprochen werden konnte. Dies änderte sich mit der Aufklärung.
 
Nachdem bereits bei F. Bacon und R. Descartes Andeutungen über eine Evolution zu finden sind und J. Ray, allerdings noch sehr spekulativ, darüber schrieb, veröffentlichte B. de Maillet als Erster eine Entwicklungslehre, nach der alle Lebewesen unserer Zeit durch Umbildungen entstandene Nachkommen einfacherer, aus dem Meer stammender Vorfahren sind. Von der 12. Auflage (1766) seines Hauptwerks »Systema naturae« an bezog dann C. von Linné erstmals auch den Menschen in seine Klassifikation mit ein und stellte ihn unter der Bezeichnung Homo sapiens (vernünftiger, einsichtiger Mensch) in die Ordnung der Primaten - neben den Schimpansen, den Gorilla und den Orang-Utan. Eine ausführlich begründete Abstammungslehre verfasste später E. Darwin, der Großvater von C. Darwin. Im Hinblick auf die Evolutionsfaktoren hat er einiges von dem vorweggenommen, was J.-B. de Lamarck in seiner »Philosophie zoologique« (1809) vorlegte (Lamarckismus).
 
Noch entschiedener als Lamarck vertrat É. G. Saint-Hilaire die Ideen der Evolution. Zur weitgehenden Anerkennung der Deszendenztheorie führten allerdings erst die Forschungen und Publikationen C. Darwins, besonders sein Buch »On the origin of species. ..« (1859), in dem er die Prinzipien der Deszendenztheorie niedergelegt hat. Zuvor bezeichnete I. Kant die reale Evolution der Organismen noch als »ein gewagtes Abenteuer der Vernunft«. Durch Darwin wurde der Weg zu einem kausalen Verständnis des Evolutionsgeschehens bereitet und die Stammesgeschichte von teleologischer Interpretation befreit. Durch mannigfache Forschungsergebnisse aus Erdgeschichte, vergleichender Anatomie, Embryonalentwicklung, Genetik und Physiologie wird die Deszendenztheorie heute nicht mehr infrage gestellt. - Anthropologie.

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Des|zen|dẹnz|the|o|rie, die: Evolutionstheorie.

Universal-Lexikon. 2012.

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